Mein Bewertungssystem:
Pflichtkauf: Sehr gutes Spiel, sollte jeder man gesehen haben.
Fanservice: Ein Spiel, mit dem sicher nicht jeder kann, dass aber für einige schon eine interessante Erfahrung sein kann.
Sammlerstück: Ein Spiel, dass wirklich nur die aller ärgste Sammler kaufen sollten. Vermutlich wird es in 20 Jahren mal was wert sein, wenn man es nie ausgepackt hat
zum vergessen: Ein wirklich schlechtes Spiel, dass nicht das Material wert ist aus dem die Verpackung besteht. Allein die Veröffentlichung grenzt schon an Körperverletzung.
Story:
3 Forscher wollen mit Hilfe einer undurchsichtigen Organisation, den SEAS, eine Art Parallelwelt erforschen. In dieser Welt leben Dinosaurier und Menschen auf recht Primitive Art nebeneinander her. In den Schlachten werden die Dinosaurier als Reittiere und wandelbare, organische Panzer eingesetzt (stellt euch einfach die 80er Jahre Serie und Spielzeugreihe Dino Riders mit Schwertern, Pfeil und Bogen Statt Laserwaffen vor und ihr kommt dem Ganzen sehr nah). Die 3 Forscher müssen sich der befreundeten Stämme bedienen um nun den Geheimnissen dieser Welt auf den Grund zu gehen und einen Weg nach hause zu finden…
Review:
Beginnen wir bei der Story. Leider ist die Story doch recht flach geraten, anstatt Sir Arthur Conan Doyle haben wir Dino Riders – aber was erwartet man wirklich von einem Strategiespiel. Hier geht es am Ende doch eher um das Gameplay als und die Story, und wer sich noch genügend Kindheit in der Seele aufgehoben hat wird durchaus aus Gefallen an dem Linearen Handlungsstrang finden, denn das Universum, welches um diese Handlung herum erschaffen wurde ist bislang einzigartig. Die Karten auf denen gespielt wird sind überfüllt mit Leben, sowohl in der Fauna, als auch in der Flora. Alles sieht so aus, wie man es sich vorstellen möchte. Viele verschiedene Dinos oder Steinzeittiere streifen durch die Wildnis, manche zahm, manche aggressiv. Die Umgebung ist Thematisch genau an die Gegebenheiten angepasst und wirkt nie deplatziert. Allgemein lässt sich sagen, dass die Welt von Paraworld sehr gut durchdacht und fantastisch umgesetzt ist. Das schönste ist, dass letztlich auch die Einheiten und Gebäude allesamt gut in das Szenario passen, und zwar immer auf ihre Art. So gibt es in der Definition des Wortes „Großartig“ nichts, was nicht in diesem Spiel irgendwie vorkommt – man hat Ninjas, Mechs, viel Steampunk, etc… Die Gleichung geht also durchaus auf, oder doch nicht?
Alles was hier so toll und fantastisch klingt ist leider durch ein ziemlich eingeschränktes Spielkonzept stark gedämpft worden. Der erste Grund hierfür ist der neue Armycontroller, der gleichsam Segen und Fluch ist. Ohne ihn wäre es oft unmöglich seine Einheiten anzuwählen und zu steuern, da die kleinen Einheiten oft hinter oder vor den Großen Einheiten verschwinden und man die Übersicht verliert, wenn viel los ist. Gleichzeitig restriktiert er die möglichen Einheiten derartig auf ein Minimum, dass man keinesfalls mehr als eine Strategie in einem Spiel fahren kann – Klasse statt Masse. Natürlich gleicht es das Kräfteverhältnis im Multiplayer ein wenig aus, aber eben auch nur augenscheinlich, denn wenn man sich anschaut wie die verschiedenen Völker zueinander stehen bemerkt man, dass das Kräfteverhältnis wieder absolut unausgeglichen ist. Unter diesen Völkern gibt es zum Beispiel die Starken, die lange zum Aufbau brauchen und sehr teuer sind, dann aber auch die mit Abstand höchste Durchschlagskraft haben (Drachenclan). Dann gibt es die Schwachen, die schnell und günstig aufbauen können, dann aber auch nicht wirklich was reißen (Wüstenvolk) und dann gibt es die in der Mitte (Nordvolk). Da man ein Volk recht schnell zu 100% ausgebaut hat und es von da an nicht besser werden kann hat das Schwache Volk (Wüstenvolk) ab dem Zeitpunkt keine echte Chance mehr gegen eins der anderen Völker. Andererseits ist der Drachenclan (das starke Volk) ab dem Zeitpunkt im Wesentlichen unbesiegbar. Auch die Verletzbarkeit vor dem fertigen Ausbau ist nur sehr Augenscheinlich, da sie auch gleichzeitig die besten Verteidigungsmöglichkeiten haben. Das Nordvolk ist absolut uninteressant. Sie haben nicht nur die wenigsten Dinosaurier (und man spielt das Spiel wegen den Dinos) sie haben auch ansonsten keine relevante Besonderheit die das Spiel mit ihnen irgendwie interessanter macht als mit den beiden anderen Völkern. Das Steampunk-Volk (SEAS) ist nur mit einer zusätzlichen Fan-Modifikation spielbar, dann aber nochmal deutlich stärker als der Drachenclan.
Der Armycontroller verhindert also einen Tankrush, aber er beschneidet auch gleichzeitig die schwachen Völker der Möglichkeit durch Masse statt Klasse zu gewinnen.
Ein weiteres Problem des Spiels sind die Rohstoffe und die Kosten. Rohstoffe sind selten und schnell verbraucht. Wenn man also wirklich seine Armee ausbauen möchte braucht man lange und ist gezwungen seine Basis mehr als nur einmal zu wechseln. Mehrere Basen zu halten ist Aufgrund des Einheiten- und Rohstofflimits nicht wirklich anzuraten. Dem Problem kann man durch Veränderungen in der Config selbst zu Leibe rücken, aber das funktioniert nur dann, wenn alle Mitspieler die gleichen Konfigurationen verwenden. Da einzugreifen macht Sinn, aber man sollte es auch gleichzeitig so anstellen, dass es fair bleibt. Ich kann die Konfigurierbarkeit jedoch nicht positiv werten, da es eher ein Hack ist, der nicht „out of the box“ vom Hersteller vorgesehen funktioniert.
Noch ein Problem des Spiels ist die Geschwindigkeit vieler Einheiten. Gerade die Dinos, die eigentlich pro 20 Menschenschritten nur einen machen müssten, schleichen langsam und bedächtig durch die Langschaft. Die wilden Dinos sind schon recht flink, aber die eigenen kann man beim Laufen neu besohlen. Dann kommt noch hinzu, dass es scheinbar mal kein Clipping und mal ein sehr fieses Clipping gerade bei den großen Einheiten gibt. Ich wollte oft eine Einheit an einem ganz spezifischen Punkt platzieren, was mir jedoch unmöglich war, weil diese Einheit lieber einige Meter von diesem Punkt entfernt blieb. Andererseits konnte ich oft Einheiten nicht genau anwählen, da sie ineinander steckten. Das ist alles extrem nervig, besonders dann, wenn es mal schnell gehen muss. Flinke Angriffe einleiten kann man also in diesem Spiel nur mit Vorbehalt.
Im Spiel selber wirkt sich dass dann aber alles weniger tragisch aus, als es hier klingt. Das alles sind nervige oder störende Faktoren, die im Spielverlauf zwar auffallen, aber nur in wenigen Situationen wirklich relevant werden.
Ansonsten hat man hier ein recht generisches Strategiespiel. Dennoch schlecht ist Paraworld ganz sicher nicht und besonders auf Netzwerkparys ist es ein wirklich unterhaltsames Game. Aber es ist wohl mehr als offensichtlich warum das Spiel seinerzeit so floppte. Die Spielmechanik war veraltet und das Neue daran war unausgereift. Aber ist das wirklich alles? Nein! Wenn ich an damals zurückdenke, dann erinnere ich mich sehr genau, dass da irgendwie so ein Spiel war. Aber bis auf den Namen und vielleicht ein paar Bilder vom Cover gab es das Spiel nicht. Keines der großen Spielemagazine hat das Spiel sichtbar aufgegriffen, der Stand auf der Games Convention war nicht mehr als ein kleiner Pappaufsteller mit ein paar Flyern wo vorne das Cover und hinten Text drauf war. Bis ich mir das Spiel letztes Jahr aus der Grabbelkiste gekauft hatte wusste ich nicht mal, dass es wirklich ein Spiel ist, geschweige denn was es für ein Spiel ist. Ich würde Paraworld als Mahnbild für absolutes Marketingversagen gerne so stehen lassen, denn wenn ich mir anschaue wie andere Games vermarktet werden wundert es mich nicht, dass Paraworld trotz der großen Ambitionen und der fantastischen Spielwelt floppte. Es ist schade, dass das Spiel so untergegangen ist, denn es spricht schon so einiges für Paraworld. Neben der tollen Spielwelt ist es ein funktionsfähiges Strategiespiel, das, auch wenn es nicht gerade Weltklasse ist, so doch mal was etwas anderes bietet als die altbackenen Spacemarines, Soldaten oder Ritter, und allein deswegen schon deutlich eher einen Platz in Spielesammlungen verdient hat, als so mancher Verkaufskracher, der auch nur wieder der tausendste Aufguss des selben Spiels ist. So ist Paraworld heutzutage wohl eher eine versteckte Perle, die man auch wirklich suchen muss, denn das Spiel hat wirklich was und ich möchte es wirklich jedem an Herz legen es sich zumindest anzuschauen. Man bekommt es schon in Grabbelkisten für 5-10 € und das Game ist deutlich mehr als diese 5-10 € wert.
Zusammenfassung und Wertung:
Pro:
+ Tolles Konzept
+ Gut umgesetzte Spielwelt
+ Alles, was so in dem Wort „Großartig“ enthalten ist wandelt hier glaubhaft durcheinander
+ Samstag-morgen-cartoon-Story
Contra:
- Samstag-morgen-cartoon-Story
- Armycontroller ist viel zu undurchdacht und wird eher zu einer Behinderung als zu einem Segen
- Ressourcen zu Knapp
- Dinoeinheiten viel zu langsam
- Clipping Bugs, die teilweise auch den Spielverlauf beeinflussen können
Fazit: Ein absoluter „Mitnehmer“ – also ein Spiel, wegen dem man nicht in den Laden geht, welches man aber durchaus mitnehmen sollte, wenn man es dort sieht. Mit ein paar eigenen Konfigurationen macht es dann auch richtig Spaß im Multiplayer. Es ist eine versteckte Perle, die durchaus ein Revival vertragen könnte, mit einem besser durchdachten Armycontroller und einer besseren Einheitenbalance.
Wertung: Fanservice
-Holger Sontag
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